Vs.
Pearl Jam
19.10.1993
Februar - Mai 1993
46:11
Brendan O'Brien, Pearl Jam


Ensemble
Eddie Vedder - Leadgesang, Rhythmusgitarre bei âRearviewmirrorâ und âElderly Woman Behind the Counter in a Small Townâ
Jeff Ament - Bass, Kontrabass
Stone Gossard - Rhythmusgitarre,
Mike McCready - Leadgitarre
Dave Krusen - Schlagzeug
erweitertes Ensemble
Brendan O'Brien â Produktion
Nick DiDia â Aufnahme
Adam Kasper â Assistenz
Kevin Scott â Assistenz
Ames â Artwork, Schwarz-WeiĂ-Fotografie
Lance Mercer â Farbfotografie innen
Bob Ludwig â Mastering
Joel Zimmerman â Art Direction
Das Album
Vs. ist das zweite Studioalbum von Pearl Jam, das am 19. Oktober 1993 nach dem groĂen Erfolg ihres DebĂŒtalbums Ten veröffentlicht wurde. Vs. markiert eine deutliche Abkehr von den frĂŒheren Werken der Band, sowohl was den Sound als auch die Herangehensweise betrifft. WĂ€hrend Ten Pearl Jam dem Mainstream vorstellte, bot Vs. einen raueren, intensiveren und weniger ausgefeilten Sound, der den sich entwickelnden Stil der Band und ihren Widerstand gegen den Druck des Ruhms widerspiegelte.
Kontext und Hintergrund
Nach dem immensen Erfolg von Ten, das Hits wie âAliveâ, âEven Flowâ und âJeremyâ hervorbrachte, standen Pearl Jam sowohl bei ihren Fans als auch in der Musikindustrie unter starkem Druck, einen Nachfolger zu liefern, der den Erfolg ihres DebĂŒts erreichen oder sogar ĂŒbertreffen konnte. Anstatt sich den kommerziellen Erwartungen zu beugen, entschied sich die Band bewusst gegen einen konventionellen Ansatz bei der Produktion des Albums. Sie nahmen Vs. in nur fĂŒnf Wochen auf, viel schneller als bei Ten, was zum rohen und ungeschliffenen Sound beitrug.
Die inneren Spannungen der Band spiegeln sich in der Musik wider. SĂ€nger Eddie Vedder, der mit der wachsenden Aufmerksamkeit der Medien und dem Druck des Ruhms zu kĂ€mpfen hatte, lieĂ seine Frustration in die Texte des Albums einflieĂen. Die Band verzichtete auch bewusst auf eine Ăberproduktion, um dem Album einen organischen und lebendigen Charakter zu verleihen. Sie nahmen das Album zu einer Zeit auf, als Grunge auf dem Höhepunkt seiner PopularitĂ€t war, aber Vs. zeigten auch einen klaren Wunsch, die ursprĂŒnglichen Grenzen des Genres zu ĂŒberschreiten, indem sie EinflĂŒsse aus Punk, Rock und sogar klassischem Rock aufnahmen.
Im Vergleich zu Ten zeichnet sich Vs. durch einen aggressiveren und raueren Sound aus. WĂ€hrend Ten eine ausgefeilte, radiotaugliche Grunge-Ăsthetik hatte, ist Vs. viel mehr vom Punk geprĂ€gt, mit schnelleren Tempi, stĂ€rkerer Verzerrung und einer hektischeren Energie. Der Grundton des Albums ist eindringlicher und rebellischer, mit komplexen Arrangements und Texten, die sich oft mit persönlichen und sozialen Themen befassen.
Musikstil und Themen
Musikalisch deckt das Album ein breites Spektrum an EinflĂŒssen ab, von klassischem Rock (man denke nur an die Riffs in âGoâ und âAnimalâ) bis hin zu Punk-Energie (zu hören in âDaughterâ und âRatsâ). Die Gitarrenarbeit von Mike McCready und Stone Gossard ist aggressiver, mit komplexen Soli und knackigen Riffs. Die Rhythmusgruppe mit Jeff Ament am Bass und Dave Abbruzzese am Schlagzeug ist tight und druckvoll und trĂ€gt ihren Teil dazu bei, die energiegeladenen Tracks des Albums voranzutreiben.
Textlich beschĂ€ftigt sich Vs. mit Themen wie Entfremdung, Selbstbeobachtung und sozialen Kommentaren, wobei Eddie Vedders unverwechselbare Baritonstimme oft kryptische, aber tief emotionale Zeilen liefert. Seine Texte behandeln sowohl persönliche KĂ€mpfe (wie in âDaughterâ und âElderly Woman Behind the Counter in a Small Townâ) als auch gröĂere gesellschaftliche Themen (wie die Frustration ĂŒber Konsumismus und politische Korruption in âGoâ und âRearviewmirrorâ).
Rezeption und Wirkung
Vs. debĂŒtierte auf Platz 1 der Billboard 200 und spiegelte die immense PopularitĂ€t von Pearl Jam zu dieser Zeit wider. Das Album war ein kritischer und kommerzieller Erfolg, da die rohe Energie der Band und ihre Weigerung, sich an die Regeln der Mainstream-Musikindustrie zu halten, sowohl bei Fans als auch bei Kritikern gut ankamen. Mehrere Titel des Albums wurden zu festen Bestandteilen der Live-Shows von Pearl Jam, darunter âBetter Manâ, âDaughterâ und âRearviewmirrorâ.
Trotz des Erfolgs des Albums distanzierten sich Pearl Jam weiterhin von den traditionellen Erwartungen an Ruhm. Insbesondere lehnten sie es ab, fĂŒr viele Singles des Albums Musikvideos zu drehen, und entschieden sich stattdessen fĂŒr eine eher anti-kommerzielle Haltung. Diese Entscheidung und ihre Weigerung, das Spiel der Medien mitzuspielen, festigten ihren Ruf als Band, die kĂŒnstlerische IntegritĂ€t dem kommerziellen Erfolg vorzieht.
Legacy Vs. ist nach wie vor eines der wichtigsten und einflussreichsten Alben von Pearl Jam. Es festigte ihren Platz als eine der prÀgenden Bands der 90er Jahre und markierte eine Verschiebung in der Grunge-Bewegung weg von der Mainstream-ZugÀnglichkeit hin zu einem komplexeren, vielschichtigeren Sound. Das Album war ein Statement der UnabhÀngigkeit, nicht nur musikalisch, sondern auch kulturell, da es den Ruhm ablehnte und sich stattdessen auf den kreativen Prozess und den persönlichen Ausdruck der Band konzentrierte.
In den Jahren seit seiner Veröffentlichung wurde Vs. als eines der besten Werke von Pearl Jam angesehen und fĂŒr seine IntensitĂ€t, seine Lyrik und seinen innovativen Ansatz in der Rockmusik gelobt. Das Album wird oft als ein Höhepunkt in der Karriere der Band angesehen, da es die rohe Energie und emotionale Tiefe einfĂ€ngt, die zum Markenzeichen ihres Sounds werden sollte.
Songs
Go
- Ungewöhnlicher Ursprung: Das Hauptgitarrenriff von âGoâ wurde von Dave Abbruzzese, dem Schlagzeuger von Pearl Jam, auf einer Akustikgitarre geschrieben.
- Schnelle Entstehung: Der Song war einer der ersten Tracks, die wĂ€hrend der Sessions fĂŒr das Album âVs.â aufgenommen wurden, was seine unmittelbare Wirkung auf die Band belegt.
- Kritikerlob: âGoâ erhielt 1995 eine Grammy-Nominierung fĂŒr die beste Hard-Rock-Performance.
- Chart-Erfolg: Das Album erreichte Platz 3 der US Billboard Album Rock Tracks Charts und landete in LĂ€ndern wie Neuseeland und Norwegen unter den Top 5.
- Live-Favorit: âGoâ ist wĂ€hrend der gesamten Karriere von Pearl Jam ein beliebter und bestĂ€ndiger Live-Favorit geblieben, bei dem oft eine intensive Energie und Interaktion mit dem Publikum zum Ausdruck kommt.
Animal
- Ursprung als âWeird Aâ: âAnimalâ begann als InstrumentalstĂŒck mit dem Titel âWeird Aâ, das 1990 vom Gitarristen Stone Gossard geschrieben wurde.
- Mike McCready's Signature Solo: Das ikonische Gitarrensolo in "Animal" gilt als einer von Mike McCready's Signature Momenten und als einer der Höhepunkte der Liveauftritte von Pearl Jam.
- UrsprĂŒnglich unveröffentlicht: Der Song erschien zunĂ€chst nicht auf dem DebĂŒtalbum âTenâ, wurde aber spĂ€ter als B-Seite von âJeremyâ veröffentlicht und auf der 2003 erschienenen Compilation âLost Dogsâ aufgenommen.
- Live Staple: âAnimalâ ist zu einem festen Bestandteil der Live-Shows von Pearl Jam geworden, bei denen es oft zu ausgedehnten Jams kommt und die Band ihre rohe Energie und ImprovisationsfĂ€higkeit unter Beweis stellt.
Daughter
- Inspiriert von einer wahren Geschichte: âDaughterâ basiert auf der wahren Geschichte eines jungen MĂ€dchens mit einer Lernbehinderung, das von seinen Eltern missbraucht wurde. Dieses zutiefst persönliche und tragische Thema verleiht dem Song seine rohe emotionale Kraft.
- Chart-Erfolg: Trotz des schweren Themas war âDaughterâ ein beachtlicher kommerzieller Erfolg. Es wurde die erste Top 40 Single von Pearl Jam in den Billboard Hot 100 Airplay Charts.
Akustische AnfĂ€nge: Der Song wurde zunĂ€chst in einer akustischen Version geschrieben und aufgenommen, bevor er fĂŒr das Album âVsâ mit der gesamten Band arrangiert wurde. - Live-Auftritte: âDaughterâ ist nach wie vor ein kraftvoller und bewegender Bestandteil der Live-Shows von Pearl Jam, der oft starke emotionale Reaktionen sowohl bei der Band als auch beim Publikum hervorruft.
- Kritikerlob: Der Song wurde von vielen Kritikern fĂŒr seine rohen Emotionen, den kraftvollen Text und die musikalische IntensitĂ€t gelobt.
Glorified G
- Inspiriert von einer Banddiskussion: âGlorified Gâ entstand aus einer realen Diskussion innerhalb der Band. Schlagzeuger Dave Abbruzzese gab bekannt, dass er sich zwei Waffen gekauft habe, woraufhin eine hitzige Diskussion ĂŒber Waffenbesitz und dessen Folgen entbrannte.
- Lyrischer Inhalt: Der Song ist eine Anti-Waffen-Hymne mit Texten, die sich satirisch ĂŒber Waffenliebhaber lustig machen und die Verherrlichung von Gewalt in Frage stellen.
- Musikalisch einzigartig: âGlorified Gâ zeichnet sich durch eine unverwechselbare Mischung aus Funk und Rock aus, die dem Song einen einzigartigen Sound in der Diskographie von Pearl Jam verleiht.
- Kontroverse Thematik: Aufgrund seiner starken Anti-Waffen-Haltung war âGlorified Gâ schon immer ein etwas kontroverser Song, der sowohl Lob als auch Kritik hervorrief.
Dissident
- Inspiriert von einer wahren Geschichte: âDissidentâ basiert auf der wahren Geschichte einer Frau, die heimlich einen FlĂŒchtling beherbergt, ihn aber schlieĂlich den Behörden ausliefert, weil sie ihn nicht lĂ€nger unterstĂŒtzen kann und ein schlechtes Gewissen hat.
- Chart-Erfolg: Das Album erreichte Platz 3 der US Billboard Album Rock Tracks Charts und kam in LĂ€ndern wie DĂ€nemark, Norwegen und Finnland unter die Top 5.
W.M.A.
- Bedeutungsvolles Akronym: âW.M.A.â steht fĂŒr âWhite Male Americanâ, ein pointierter Kommentar zu den Privilegien, die weiĂe MĂ€nner in der amerikanischen Gesellschaft oft genieĂen.
- Sozial bewusster Text: Der Song behandelt Themen wie systemischen Rassismus, PolizeibrutalitĂ€t und die unverdienten Vorteile, die viele weiĂe MĂ€nner in den USA genieĂen.
- Starke Botschaft: âW.M.A.â vermittelt eine starke und oft unbequeme Botschaft, die den Zuhörer dazu auffordert, ĂŒber seine eigenen Privilegien nachzudenken und die systemischen Ungleichheiten in der Gesellschaft in Betracht zu ziehen.
Blood
- Inspiriert von der PrĂŒgelattacke auf Rodney King: âBloodâ wurde stark von der PrĂŒgelattacke auf Rodney King 1991 und den darauf folgenden Unruhen in Los Angeles beeinflusst. Der Song spiegelt Eddie Vedders Wut und Frustration ĂŒber den systemischen Rassismus und die PolizeibrutalitĂ€t wider, die diese Ereignisse ausgelöst haben.
- Roh und intensiv: âBloodâ ist bekannt fĂŒr seine rohe Energie, die schweren Gitarrenriffs und den intensiven Gesang von Eddie Vedder. Es gilt als einer der aggressivsten und kraftvollsten Songs von Pearl Jam.
- Lyrische Mehrdeutigkeit: Obwohl der Text von âBloodâ vom Rodney-King-Vorfall inspiriert ist, lĂ€sst er viele Interpretationen zu und kann auf verschiedene Formen von Ungerechtigkeit und UnterdrĂŒckung angewendet werden.
Rearviewmirror
- AussagekrĂ€ftige Texte: âRearviewmirrorâ ist bekannt fĂŒr seine introspektiven und bewegenden Texte, die ĂŒber die Reise des Lebens, vergangenes Bedauern und die VergĂ€nglichkeit der Zeit reflektieren.
- Akustischer Schwerpunkt: Der Song ist hauptsÀchlich akustisch und zeigt die sanftere und introspektivere Seite von Pearl Jam im Vergleich zu ihrem hÀrteren Rocksound.
- Chart-Erfolg: âRearviewmirrorâ erreichte Platz 11 der US Billboard Mainstream Rock Tracks Charts und war auch in anderen Rock-Charts erfolgreich.
Rats
- Einzigartige Perspektive: âRatsâ wirft einen ĂŒberraschend sympathischen Blick auf Ratten und vergleicht ihr Verhalten mit dem der Menschen. Anstatt sie zu verteufeln, suggeriert das Lied, dass Menschen oft hinterhĂ€ltiger und zerstörerischer sind.
- Sozialer Kommentar: Das Lied ĂŒbt auf subtile Weise Kritik an der menschlichen Gesellschaft, indem es Themen wie Gier, Verrat und das Fehlen echter Beziehungen hervorhebt.
- Musikalische Dynamik: âRatsâ hat eine treibende Rhythmusgruppe und ein eingĂ€ngiges Gitarrenriff, das die dynamische MusikalitĂ€t der Band unterstreicht.
Elderly Woman Behind the Counter in a Small Town
- Inspiriert von einer realen Person: Der Song wurde von einer realen Frau inspiriert, die an einer Tankstelle in einer kleinen Stadt in der NĂ€he von Seattle arbeitete. Eddie Vedder war fasziniert von ihrer ruhigen StĂ€rke und UnverwĂŒstlichkeit und wollte ihren Geist in einem Lied einfangen.
- Langsam und nachdenklich: âElderly Woman Behind the Counter in a Small Townâ ist eine langsame und nachdenkliche Ballade, die eine weichere und introspektivere Seite von Pearl Jam zeigt.
- Akustischer Schwerpunkt: Der Song zeichnet sich durch eine markante Akustikgitarre und eine sparsame Instrumentierung aus, was eine melancholische und intime AtmosphÀre schafft.
- Lyrische Tiefe: Der Text ist voller lebendiger Bilder und poetischer Sprache, die ein Bild des Kleinstadtlebens und des Vergehens der Zeit zeichnen.
Leash
- Fortsetzung von âWhy Goâ: âLeashâ gilt als Fortsetzung des Songs âWhy Goâ von Pearl Jams DebĂŒtalbum âTenâ. Beide Songs basieren lose auf derselben wahren Geschichte ĂŒber einen Freund von Eddie Vedder, der in eine Anstalt eingewiesen wurde.
- Fokus auf elterliche Kontrolle: WĂ€hrend sich âWhy Goâ auf die Erfahrungen des Freundes in der Anstalt konzentriert, geht es in âLeashâ um die Zeit danach, insbesondere um das anmaĂende und kontrollierende Verhalten der Mutter des Freundes nach dessen RĂŒckkehr nach Hause.
- Frustration und Rebellion: Der Song drĂŒckt die Frustration und den Wunsch der Protagonistin aus, sich von der erdrĂŒckenden Kontrolle ihrer Mutter zu befreien.
- Musikalisch intensiv: âLeashâ ist bekannt fĂŒr seine harten Gitarrenriffs, die treibende Rhythmusgruppe und den intensiven Gesang, der die emotionale AufgewĂŒhltheit der Protagonistin widerspiegelt.
Indifference
- Introspektiv und existenziell: âIndifferenceâ behandelt tief greifende existenzielle Themen wie Sinn, Zweck und den Kampf gegen die Apathie. Es thematisiert das GefĂŒhl der Bedeutungslosigkeit angesichts der unendlichen Weiten des Universums.
- Inspiriert von William Ernest Henleys âInvictusâ: Der Song ist von dem berĂŒhmten Gedicht âInvictusâ von William Ernest Henley inspiriert, das die FĂ€higkeit des menschlichen Geistes feiert, Widrigkeiten zu ĂŒberwinden. Indifferenceâ hinterfragt jedoch die letztendliche Bedeutung und Wirkung dieses Kampfes.
- Musikalische KomplexitÀt: Das Lied hat eine komplexe und sich entwickelnde musikalische Struktur, die die introspektive und philosophische Natur des Textes widerspiegelt.
- Live-Performance: âIndifferenceâ ist aufgrund seiner komplexen Struktur und des anspruchsvollen Gesangs eine Herausforderung fĂŒr die Live-Performance. Wenn es jedoch live gespielt wird, zeigt es oft die musikalische VirtuositĂ€t der Band und den kraftvollen Stimmumfang von Eddie Vedder.
- Album Closer: âIndifferenceâ dient als kraftvoller Schlusstrack auf Pearl Jams Album âVs.â und hinterlĂ€sst beim Zuhörer einen bleibenden und nachdenklich stimmenden Eindruck.